Lebensgefährten haben anders als Ehegatten nur ein sehr eingeschränktes Erbrecht. Sie erben erst dann, wenn sonst keine anderen Erben vorhanden sind. Will man seinen Lebenspartner aber mit einem Erbe bedenken, so ist dies mit einem Testament möglich. Was passiert aber mit diesen Testamenten, wenn die Lebensgemeinschaft aufgelöst wird? In einem aktuellen Fall (OGH 2Ob97/22m), hatte der OGH diese Frage zu beantworten:
Der Verstorbene lernte seine spätere Lebensgefährtin in den 1980-er Jahren kennen. 1997 gingen sie eine Beziehung ein. Der Verstorbene wohnte weiterhin in Niederösterreich, seine Lebensgefährtin in Tirol. Sie besuchten sich regelmäßig für mehrere Wochen am Stück und verbrachten so insgesamt sechs Monate pro Jahr miteinander. Sie tauschten Zärtlichkeiten aus und hatten ca drei Mal Geschlechtsverkehr. Zwischen ihnen bestand eine tiefe seelische Verbundenheit und ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Der Verstorbene errichtet ein Testament, in dem er seine Lebensgefährtin begünstigte.
2012 wurde der Verstorbene zum Pflegefall. Seine Lebensgefährtin wollte die Pflege übernehmen, war aber mit der Situation überfordert. Sie kehrte bereits am ersten Tag der Entlassung des Verstorbenen aus dem Spital nach Tirol zurück. Die Lebensgefährtin beteiligte sich weder finanziell an der Pflege noch hatte sie Pläne, den Verstorbenen zu sich nach Tirol zu holen. 2013 erlitt die Lebensgefährtin selbst einen Schlaganfall und war pflegebedürftig. Zuletzt telefonierten sie nur mehr ca 1-mal im Monat miteinander. Nach der Abreise 2012 kam es ein einziges Mal zu einem persönlichen Besuch.
Nach dem Tod des Verstorbenen wollten nun sowohl die gesetzlichen Erben, also auch die damalige Lebensgefährtin erben. § 725 ABGB bestimmt, dass mit Auflösung der Lebensgemeinschaft zu Lebzeiten des Verstorbenen, die davor errichteten Testamente betreffend die Lebensgefährten aufgelöst sind. Strittig war, ob die Lebensgemeinschaft aufgelöst wurde.
Der OGH musste sich zum ersten Mal mit dieser Frage befassen. Er sprach aus, dass es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt. Eine Lebensgemeinschaft besteht typischerweise aus einer Wohn-, Wirtschafts- und Geschlechtsgemeinschaft. Es müssen aber nicht alle Merkmale gleich stark ausgeprägt sein. Auch bei Fehlen eines Elements kann, wenn ein anderes stärker ausgeprägt ist, eine Lebensgemeinschaft bestehen. Es ist auch zu berücksichtigen aus welchen Gründen ein Element wegfällt.
Im konkreten Fall sah der OGH jedoch die Lebensgemeinschaft mit 2012 beendet. Die ehemalige Lebensgefährtin hat den Verstorbenen 2012 als dieser pflegebedürftig wurde, verlassen und sich auch später nicht mehr an der Pflege beteiligt. Über die weiteren 7 Jahre gab es nur einen einzigen Besuch. Der OGH verneinte daher das Erbrecht der ehemaligen Lebensgefährtin.
„Zu einem anderen Ergebnis wäre der OGH wohl gelangt, wenn der Verstorbene in seinem Testament angeordnet hätte, dass die Lebensgefährtin auch nach Beendigung der Lebensgemeinschaft weiter Erbin bleiben sollte.“, empfiehlt Rechtsanwalt Dr. Franz Haunschmidt, „es kommt daher auf die genaue Formulierung des Testaments an.“
Lebensgefährten sind daher gut beraten, sich bei der Erstellung eines Testaments rechtsanwaltlich beraten zu lassen. Wir unterstützen Sie gerne bei der Errichtung von Testamenten und der Durchsetzung Ihrer erbrechtlichen Ansprüche.
Unser Experte:
Dr. Franz Haunschmidt, Partner unserer Kanzlei ist ausgewiesener Experte für Erbrecht. Er ist Autor erbrechtlicher Fachliteratur und seit Jahrzehnten im Erbrecht tätig. Er ist einer der wenigen österreichischen Anwälte, der auch die Notarausbildung genossen hat.
Rechtsanwalt Dr. Franz Haunschmidt vertritt auch Sie gerne in sämtlichen erbrechtlichen Streitigkeiten wie insbesondere Verlassenschaftsverfahren oder Verfahren zur Durchsetzung von Pflichtteilen oder sonstigen erbrechtlichen Ansprüchen.