Werkverträge und Werklieferverträge werden nicht immer zur vollsten Zufriedenheit des Bestellers ausgeführt. Die Rechtsfolgen, die sich aus einer Schlechtleistung oder Schlechtlieferung ergeben, werden durch das Gewährleistungsrecht, Verzugsrecht und Schadenersatzrecht bestimmt. Bekannt sind die Gewährleistungsrechte des Bestellers auf Verbesserung oder Austausch, Preisminderung und Vertragsauflösung (Wandlung).
Doch wie ist vorzugehen, wenn die Lieferung völlig wertlos ist?
In einer jüngsten Entscheidung (OGH 3Ob171/22a) hatte sich der Oberste Gerichtshof mit exakt dieser Frage zu beschäftigen: Ein Gemüseproduzent (Besteller) bestellte bei einem Aufzuchtbetrieb (Lieferant) Tomatenpflanzen. Diese Pflanzen waren bei der Lieferung mit einem Pilz befallen und damit wertlos.
Der OGH sprach aus, dass für wertlose Leistungen schon grundsätzlich kein Entgelt zusteht. Der Gemüseproduzent hätte daher die Pflanzen nicht annehmen müssen, sie an den Aufzuchtbetrieb zurückstellen oder sogar entsorgen können.
Können mangelhafte Leistungen einfach entsorgt werden?
Nein, es kommt hier auf den konkreten Einzelfall an. Im vom OGH zu entscheidenden Fall waren die Tomaten mit einem Pilz befallen. Es bestand daher das Risiko, dass sich die Pilzinfektion auf den gesamten Betrieb des Gemüseproduzenten ausbreiten würde. Dieses Risiko war dem Gemüseproduzenten nicht zuzumuten. Er wäre daher berechtigt gewesen, die Tomaten zu entsorgen.
Was, wenn die mangelhafte Leistung selbst verbessert wird?
Obwohl der Gemüseproduzent berechtigt gewesen wäre, die Tomaten nicht anzunehmen, versuchte er diese zu retten. Er behandelte die Pflanzen und konnte diese erfolgreich retten. Der OGH sprach aus, dass der Aufzuchtbetrieb durch diese Entscheidung des Gemüseproduzenten grundsätzlich seinen Anspruch auf das vereinbarte Entgelt behält. Der Gemüseproduzent konnte sich nicht mehr auf die Wertlosigkeit der Lieferung berufen. Der Gemüseproduzent kann jedoch seinen Rettungsaufwand, also die Kosten der Behandlung und bei Verschulden der Lieferanten auch Mangel- und Mangelfolgeschäden geltend machen.
Ist der Mangel zu melden?
Bei Unternehmern ist Vorsicht geboten. Diese unterliegen der Rügeobliegenheit des § 377 UGB. Nach § 377 Abs 1 UGB muss der Besteller bei zweiseitig unternehmensbezogenen Geschäften dem Lieferanten alle Mängel, die bei ordnungsgemäßem Geschäftsgang bei Ablieferung durch Untersuchung feststellbar sind, binnen angemessener Frist anzeigen. Diese Frist beträgt im Zweifel 14 Tage.
„Die bestellten Waren sollten daher bei Übernahme oder kurz danach geprüft und allfällige Mängel, schriftlich dem Lieferanten angezeigt werden.“
Wird diese Frist versäumt, verliert der Besteller seine Ansprüche auf Gewährleistung, Schadenersatz wegen des Mangels selbst und Irrtum über die Mangelfreiheit der Sache.
Unser Experte:
Rechtsanwalt Mag. Nikolaus Leutgöb, Partner unserer Kanzlei, ist Experte für Prozessführung in zivilgerichtlichen und verwaltungsrechtlichen Verfahren. Er unterstützt auch Sie gerne bei Fragen der Gewährleistung und des Schadenersatzes. Egal, ob Sie Ansprüche geltend machen wollen, oder sich gegen unberechtigte Ansprüche wehren, ist es wichtig, einen Prozessführungsspezialisten an Ihrer Seite zu haben.